Geht Machine-Learning zu weit? Wenn Computer zu intelligent werden

Thomas Dold

Thomas Dold

Machine-Learning Titelbild

Machine-Learning ist schon längst im Marketing verankert. Die Prozesse sind nicht immer zur Perfektion ausgereift, aber von intelligenten Recommendation Engines, die die Customer Journey im Onlineshop noch individueller machen, bis hin zu Chatbots, die den Online Kundenservice erleichtern, befinden sich  einige Systeme im professionellem Einsatz. Die Möglichkeiten sind vielfältig, die Systeme verbessern sich stetig und die Branche boomt.

Künstliche Intelligenz oder Machine-Learning?

Was sich im Augenblick im Einsatz befindet sind Machine-Learning Algorithmen, die ein Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz sind. Echtes menschliches Verhalten (= Künstliche Intelligenz) können wir noch nicht emulieren, auch wenn humanoide Roboter wie Sophia die ersten Schritte auf diesem Weg gehen.

Machine-Learning hingegen eröffnet schon jetzt eine Vielzahl an interessanten und nützlichen, aber auch kontroversen, Möglichkeiten:

Wenn die Maschine dein Arzt wird

Gerade im Gesundheitswesen können Innovationen Leben retten. Patientendaten zu vergleichen und die bestmögliche Behandlung zu empfehlen, ist mittlerweile möglich und wird z.B. in den USA schon von Krankenhäusern und Arzt-Praxen verwendet. Diese Daten können ebenso dazu benutzt werden, Patienten zu identifizieren, die unter einem höheren Risiko stehen an bestimmten Krankheiten zu erkranken. Das ermöglicht Präventionsmaßnahmen und spart Kosten. Strukturierte Informationen, wie Labor-Resultate, können gut im Machine-Learning verarbeitet werden, die Problematik liegt bei unstrukturierten Daten, wie Bildern oder Arzt-Berichten. Da sind immer noch Menschen selbst nötig, um logische Schlussfolgerungen durch Kontexte zu ziehen. Wie lange das noch sein muss, ist dennoch fragwürdig, denn mittlerweile werden Machine-Learning-Algorithmen auch mit unstrukturierten Daten immer besser. Ob ein Computer aber jemals den Arzt ersetzen wird oder sollte, sei dahingestellt. Denn was passiert, wenn der Computer eine falsche Diagnose stellt?

Wenn die Maschine dich als Ursache für den Tod eines Menschen entlarvt

Wer Minority Report gesehen hat, weiß, wo das hier hinführt. Was, wenn die Maschine dich eines Verbrechens beschuldigt, noch bevor du es begangen hast? In mehreren US-Städten wird Predictive Analytics genutzt, um Bürger zu identifizieren, die ein höheres Kriminalitätsrisiko aufweisen, indem ihre früheren Vergehen aber auch ihre aktuellen Kontakte, Social-Media-Verhalten und familiäre Vergangenheit analysiert werden. Ob damit tatsächlich Verbrechen vermieden werden können oder ob dies nicht zu noch fragwürdigeren Polizei-Taktiken führt, wird heftig debattiert. Mit Polizei-Brutalität fast täglich in den Schlagzeilen, können diese technischen Fortschritte vor allem für soziale Minderheiten eher eine Gefahr als einen Schutz darstellen. Nur weil jemand mit Kriminellen Umgang pflegt und in einer gefährlichen Nachbarschaft lebt, macht ihn das noch nicht selbst zu einem Kriminellen. Und wenn der Machine-Learning-Algorithmus irgendwann wirklich so intelligent ist und Verbrechen vorhersagen kann? Vielleicht sind wir von der Fiktion in Minority Report gar nicht mehr so weit entfernt wie gedacht…

Wenn die Maschine unsere Kriege führt

Hier kommen wir den Roboter-Aufstand und Szenarien wie in I, ROBOT vielleicht schon näher. Dronen sind seit einer Weile im Umlauf, sei es für den normalen Verbraucher, als auch im Militär. Und gerade da sorgen die ferngesteuerten Luftwaffen für viel Kontroverse. Wenn die Technologie so weit ist, selbst ihre Ziele auszuwählen und gar nicht mehr von Menschenhand gesteuert werden muss, wie sicher sind wir dann wirklich? Autonome Waffen sind trotz heftiger Aufschreie in den Medien schließlich weiterhin in der Entwicklung, auch wenn viele für den Boykott von Künstlicher Intelligenz fürs Militär sind. Immer häufiger fällt der Begriff Killer-Roboter und die Hardware dafür gibt es. Woran es fehlt, ist die Künstliche Intelligenz um sie zu steuern. Aber wie weit ist die noch entfernt?

Wenn die Maschine neue Menschen erschafft

Selbst wenn man weiß, dass die Bilder nicht echt sind, kann man es eigentlich kaum glauben. NVIDIA Entwickler haben ein Machine-Learning-System entwickelt, dass so gut darin ist, menschliche Gesichter zu generieren, dass man praktisch keinen Unterschied mehr zwischen real und fake erkennt. Die hyperrealistischen Ergebnisse lassen einen Staunen. Was mit Gesichtern von Menschen super zu funktionieren scheint, hat bei Bildern von Katzen noch ein wenig Verbesserungsbedarf, aber auch Autos und Schlafzimmer können bis ins Unendliche generiert werden. Die Möglichkeiten sind fast absurd und beunruhigend. Muss man sich ab sofort bei jedem Profilbild online die Frage stellen, ob die Person überhaupt echt ist?

Machine Learning Beispiel
© NVIDIA

Ist Machine-Learning zu gefährlich?

Nicht immer müssen die Konsequenzen negativ sein. Dass es zu chaotischen Situationen kommt wie in I, ROBOT und Minority Report ist (zumindest in näherer Zukunft) unwahrscheinlich. Computer werden so schnell die Weltherrschaft nicht an sich reißen und wir können weiterhin beruhigt schlafen.

In erster Linie ist Machine-Learning-Technologie darauf ausgelegt, Prozesse zu erleichtern und effizienter zu gestalten. Was auch in vielen Bereichen, vor allem im Marketing, bereits sehr gut funktioniert und stetiger Verbesserung unterliegt. Der Nutzen sowohl für Firmen als auch Privatpersonen ist enorm und deshalb ist es wichtig auch bei kontroversen News über Machine-Learning dem Thema offen entgegen zu stehen, denn nur so kann sich die Technologie positiv weiter entwickeln. Man sollte sich der möglichen Problematik dahinter natürlich bewusst sein, aber auch im Auge behalten, dass Künstliche Intelligenz und Machine-Learning in erster Linie helfen und unser Leben erleichtern möchte. Und darin bisher auch eine echt gute Arbeit leistet.

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